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In der Kolumne Philipps Bergkosmos schildert unser bergwütiger Autor in regelmäßiger Unregelmäßigkeit und mit einem Augenzwinkern seine Sicht auf die Bergwelt. Viel Freude mit Misthaufen, Mehlsack und weiteren skurrilen und lustigen Bergnamen in Kolumne #2!
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Kolumne #2:
Fantastische Bergnamen und wo sie zu finden sind – ein närrischer Blick in die Welt der skurrilen und lustigen Gipfelnamen
Dass Bergsteigen nicht immer eine ernsthafte Angelegenheit ist, zeigt ein simpler Blick auf die Wanderkarte. Lustige und skurrile Bergnamen allerorten! Ich habe mich auf Spurensuche begeben – die mit einem vermeintlichen Verwandtenbesuch beginnt:
Neulich war ich zu Besuch bei der Großen Schwester. Das paradoxe: ich habe einzig einen Bruder! Hoppla. Neben derlei rätselhaftem bleibt womöglich auch dies’ Rätsel haften: jener Bruder bestieg im vergangenen Sommer ganze sieben Mal den Hirschberg – und stand doch auf keinem Gipfel mehrmals. Wie das möglich ist?
Die Lösung liegt auf der Hand: der Hirschberg ist die Frau Müller unter den Gipfelnamen. Allein im bayerisch-österreichischem Grenzraum tummeln sich dessen sieben Exemplare. Ein Klassiker am Tegernsee, ein verborgener Schatz im Loisachtal, ein gemütliches Halbtagesziel bei Salzburg, und damit nicht genug. Gleich zwei Gipfeln schenkt der röhrende Waldbewohner im Bregenzerwald seinen Namen – tierisch unkreativ, denkt ihr? Stimmt, doch den Bock schießt das Allgäu ab! Womöglich deshalb, dem Mangel männlicher Ziegen geschuldet, herrscht nördlich von Bad Hindelang faunistische Einfältigkeit: zwei Hirschberge, nur 1500 Meter voneinander entfernt. Hier war – so muss man es wohl sagen – ein Hirsch am Werk!
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Ausgefallene Bergnamen – nicht immer gefällig…
Gegen das Übermaß an Gleichklang lässt sich Abhilfe schaffen. Mit Originalität und Erfindergeist, mit ausgefeilten, wohldurchdachten Bergnamen. Soweit die Theorie. Die Praxis lautet: Misthaufen (2436 m).
Ich muss mich kurz schütteln, Brillengläser putzen. Tatsächlich, korrekt gelesen, im Vorarlberger Lechquellengebirge prunkt ein Misthaufen von stattlicher Größe – glücklicherweise aus Fels und Stein. Olfaktorischen Beeinträchtigungen versprechen eine Reihe weiterer Gipfelziele, die hier aufgrund ihrer Derbheit nicht gänzlich aus-, mindestens jedoch eingeklammert werden (Kotiger Stein, 1363 m; Kackenköpfe, 1560 m; Kothaufenberg, 1000 m). Die Alpen, Ausdruck lieblicher Idylle? Mein Weltbild gerät ins Wanken. Das finde ich, salopp gesagt, zum Kotzen und bin schockiert, dass meine ordinäre Wortwahl im Tiroler Karwendelgebirge als astreine Richtungsangabe verstanden wird (»Zum Kotzen (1766 m)? Hier lang!«).
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Der Gipfel(name) der Kulinarik
Doch keine Sorge, für derlei Schreckensmomente existiert der Weinflaschenkopf (3008 m) in der Goldberggruppe. Schöntrinken, so der Volksmund, lässt sich alles! Ein Zuviel der leeren Kalorien birgt gleichwohl das Risiko, den Wamperten Schrofen (2520 m) bald nurmehr von unten, die eigene „Wampe“ hingegen von oben bestaunen zu können. In solch sensiblen Momenten rate ich dann dringlichst von einer Besteigung der zwei Fleischbänke (Wilder Kaiser, 2186 m / Karwendelgebirge, 2026 m) ab, auf denen man unlogischerweise auch schon Vegetarier gesichtet hat.
Andere Berge sind nicht nur Fleischliebhabern, sondern einer noch erleseneren Personenschar vorbehalten. Die eingangs erwähnte Große Schwester (2053 m) in Liechtenstein beispielsweise ist für jüngere Geschwister tabu. Und das Gipfelbuch der Frau Hitt (2270 m), nördlich von Innsbruck gelegen, dürfte strenggenommen bloß eine Hand voll Einträge immer gleichen Namens (Frau Hitt) zählen, rangiert besagter Zuname in der Namenshit(t)-Liste doch abgeschlagen auf einem hinteren Tausender-Platz.
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Bergnamen in ihrer (Alpen)vielfalt: wild, schön – und böse?
Über die Wesenszüge der Frau Hitt lässt sich nur spekulieren. Eindeutiger verhält es sich in den Hohen Tauern: der Namenscharakteristik folgend, möchte man nur ungern auf das Böse Weibl (3121 m) steigen; bei den Wilden Fräulein (1612 m) im Spitzingseegebiet ist dies bereits Ansichtssache. Weibliche Singles bevorzugen indes den Besuch des Schönen Mannes (1532 m) im nördlichen Rheintal. Vertrackt: obwohl sich die Wassermassen des Rheinfall gut 100 Kilometer weiter westlich befinden, wartet auf dem wenig besuchten Gipfel meist trotzdem der Reinfall: Ödnis und kein schöner Mann weit und breit!
Der Grund der Abgeschiedenheit bleibt schleierhaft. Denn während manche Gipfelziele schlicht dazu einladen, von ihnen Abstand zu nehmen (Großelendkopf, 3317 m; Steinschlagspitze, 2861 m), trifft nichts davon auf den Schönen Mann zu. Unter uns: dieser Gipfel ist ein Bescheißer. Der Bscheißer (1998 m), das Original in den Tannheimer Bergen, zeigt nebenbei, dass früher nicht alles besser war. Im 16. Jahrhundert erstmals erwähnt, zierte den Gipfel noch der abstrakt-ominöse Name „Scheißer in Spitz“, der seltsam grobschlächtig daherkommt und mir ein Schaudern über den Haarigen Rücken (2254 m) jagt.
Grund der Umbenennung war zweifellos, dass schreckliche Gipfelnamen allein die Schreckenspitze (2022 m) am Tiroler Achensee für sich beansprucht. Das ist freilich Größenwahn, den man sonst vorrangig im benachbarten Bayern verortet. Und tatsächlich taucht dort, am Eingang des Inntals, der vermessen kleine Große Riesenkopf (1337 m) auf – weder groß, noch riesig, und schon gar nicht riesig groß. Im Gegenteil: Kleiner Zwergenfuß stünde ihm gut! Diese Vorgehensweise, eine Umkehr ins Gegenteil, findet auch der Unnütz (2078 m) im Rofan nützlich und hieße plötzlich Nützlich.
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Ein sauberer Gipfelerfolg – auf Tour zum Waschgang
Auf einen solchen Praxisnutzen lassen einige erstaunliche Gipfelnamen schließen. Es lohnt ein Blick ins Naturschutzgebiet Inneres Pöllatal im Norden Kärntens. All jene, die nach einer Woche Bergurlaub für gewöhnlich ächzend den sich auftürmenden Wäscheberg mustern, erhalten dort ein Rundum-Hygieneprogramm frei Haus: mit einer Besteigung des 2709 Meter hohen Waschgang – im besten Fall bei ergiebigem Dauerregen – lässt sich Kleidung naturnah und bereits während sportlicher Aktivität auf ein akzeptables Frischeniveau zurückführen!
Von solchen Glanzleistungen der Schmutzbefreiung inspiriert, wird man in der Rax-Schneeberg-Gruppe mit einem Dilemma konfrontiert: »Haltet die Berge sauber! Lasst keine Abfälle zurück!« Das omnipräsente, stets wohlgemeinte Hinweisschild des Österreichischen Alpenvereins vor Augen, muss man bei unglücklicher Gipfelwahl trotz besten Bestrebens den Abfall (966 m) im Abstieg zurücklassen.
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Die Backstube der Welt: Gipfelnamen zum Anbeißen!
Abfallvermeidung wird Profibäckern und Hobbykonditoren in Lech am Arlberg leicht gemacht. Der Zukauf von Mehl ist hier nichtig, das Wintersport-Mekka liegt am Fuße des imposanten Mehlsack (2651 m). Backbegeisterte zieht es vor allem im Winter mit Tourenskiern auf diesen Gipfel, vermutlich, weil der dann mehlweiße Schnee (Typ 450) die Fantasie besonders beflügelt: hochgerechnet rund 1,6 Milliarden Tonnen gemahlenes Getreide könnte die voluminöse Berggestalt im fantastischen Gedankenspiel in ihrem Inneren beherbergen! Daraus ließen sich – mit dem richtigen Zeitmanagement – rund 8 Billion Schwarzwälder-Kirsch-Torten zaubern. Ein gewaltiger Kuchenberg (2523 m)!
Für die Mehrzahl der skurrilen Gipfelnamen gibt es übrigens nachvollziehbare Herkunftsdeutungen, die selbst ohne blühende Fantasie schlüssig wirken. Schade, ich hatte es mir doch so schön ausgemalt: wie wir Menschen im Fasching, verkleiden sich eben auch Berge in aberwitzige Kostüme. Namenskostüme! Bei weitem nicht alle Gipfel spielen dabei mit – Faschingsmuffel existieren hier wie dort, bei Mensch und Berg. Ich zum Beispiel oute mich als solcher Muffel, der sich an Fasching allein für süßes Schmalzgebäck begeistern kann. Für all meine Mitstreiter kommt er nun, der Geheimtipp und Ort der Verheißung im Alpenraum. Meine nächste Tour, sie leitet mich ins Tote Gebirge. Und führt – na klar, zur Krapfenscharte (1905 m)!
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Habt Ihr Euch auch schief und krumm gelacht?
Dann lest gleich weiter und entdeckt hier Philipps Bergkosmos Kolumne #1 :
»Spekulatius-Berge und Kokosmakronen-Gletscher. Weihnachtsgebäck im Wandergepäck«
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