Wandern mit Hund: Durchs winterliche Eggental in Südtirol
Ein Gastbeitrag von Autorin Petra Knobling.
»Schifoan is des leiwandste, was ma si nur vorstelln kann…!« singt Wolfgang Ambroß in seiner Hymne auf das Pistenvergnügen. Früher hätte ich ihm zugestimmt und Skifahren ebenso als die großartigste Aktivität im Winter betrachtet. Doch heute, an diesem wunderschönen, sonnigen Januartag bin ich gar nicht traurig, dass sich meine Jungs ohne mich im Skigebiet Obereggen-Latemar in den Südtiroler Dolomiten austoben. Denn ich habe eine meiner Lieblingswanderungen vor und meine wanderbegeisterte Hündin Nea wird mich begleiten.
Wandern mit Hund: Beim Wandern mit Nea kann ich voll und ganz abschalten, die Ruhe und Natur aufsaugen und mich auf das Wesentlich besinnen. Unsere Winterwanderung führt von Obereggen zum Karersee und zeigt uns die traumhafte Winterwelt im Eggental in Südtirol. Stets auf einer Höhe um die 1500 bis 1600 Meter, mit langen Abschnitten durch den Wald, erfrischenden Wasserstellen, wunderbaren Ausblicken und einer besonderen Einkehr.
Tausche Piste gegen meditative Genusstour
Los geht`s am Wander- und Skiparkplatz beim Heizkraftwerk Obereggen, wo ich den Forstweg Nr. 9 in Richtung Bewallerhof einschlage und der Rest der Familie in den Skibus steigt. Ich tausche den Trubel im Skigebiet gegen einen ruhigen, meist eben verlaufenden Wanderweg unter Nadelbäumen. Auf diesem ersten Abschnitt begegne ich fast keinem Menschen und genieße die Stille und Geräuschlosigkeit. Nach ungefähr einer halben Stunde erreiche ich eine Wiesenfläche oberhalb des Eggentales und halte kurz inne – die schneebedeckten Ötztaler Alpen im Nordwesten scheinen von hier aus ganz nahe. Oberhalb des Wanderweges thront der Latemargebirgsstock und nach wenigen Minuten werden mir die beeindruckenden Felsen der Rosengartengruppe (ital. Catinaccio) den Weg weisen. Denn mein erstes Ziel, der Karersee (Lago die Carezza), liegt genau in dieser Richtung.
Auf dem Templweg zum Karersee
Der breite Forstweg mündet nun in den sogenannten Templweg (Nr. 8) und steigt oberhalb des Bewallerhofes leicht an. Eines ist mir inzwischen klar: Die italienischen Wanderer, die mir kurz zuvor mit Spikes an den Bergschuhen entgegenkamen, trugen diese nicht aus übertriebener Vorsicht. An manchen Stellen ist der Weg sehr vereist. Meine Hündin Nea schaut mich erstaunt an, wenn ich meine Schritte vorsichtig setze – hier sind vier Pfoten eindeutig von Vorteil. Sie muss sich jedoch meinem Tempo anpassen, denn in ganz Südtirol besteht Anleinpflicht. Ableinen werde ich sie folglich nur für Fotozwecke.
Der Templweg verläuft meist durch Wald, aber immer wieder tun sich auf Lichtungen grandiose Ausblicke auf. Vor allem das beeindruckende Massiv des Rosengartens taucht immer wieder zwischen den Bäumen auf. Kurz vor dem Karersee verwandelt sich der Wald in eine Art Märchenlandschaft: große, bemooste Felsbrocken liegen zerstreut überall. Es sieht aus als hätte ein hier lebender Riese in einem Wutanfall Steine umhergeschleudert.
Erinnerungen an 14 Jahre Urlaub im Eggental
Und da ist sie, die Erinnerung an den ersten Urlaub in dieser traumhaften Gegend der Dolomiten. An unzählige Sommer- und Winterwanderungen. Und an all die Sagenfiguren, die wir zusätzlich zu den existierenden dazu erfunden haben, um die damals noch kleinen Kinder durch Erzählen auf längeren Wanderungen bei der Stange zu halten. Und ja, dieser Riese, der im Gebiet des Karersees sein Unwesen treibt, ist mittlerweile fester Teil unseres familiären Geschichtenschatzes.
Dass wir uns mit dieser Region so verbunden fühlen, liegt aber nicht nur an der Landschaft und den Wandermöglichkeiten. Wir haben auch die Menschen hier sehr ins Herz geschlossen. So viel Gastfreundlichkeit haben wir im Eggental erlebt, vor allem auf „unserem“ Bauernhof, dem Unterwerkstatthof, wo wir den ersten und alle folgenden Dolomitenurlaube verbracht haben. Jedes Jahr waren wir mindestens einmal dort, manchmal sogar im Sommer und Winter. Nur die Pandemie hat uns ein Jahr Pause aufgezwungen. Die heutige Wanderung haben wir auch schon direkt von der Ferienwohnung auf dem Unterwerkstatthof aus gemacht, schließlich liegt dieser etwas unterhalb des Templwegs.
Die Nixe vom Karersee
Ein lautes Brummen reißt mich aus meinen Gedanken. Ich bin an der Passstraße angekommen, die von Welschnofen über den Karerpass ins Fassatal führt. Ein kurzes Stück geht es neben der Straße entlang, dann sehe ich ihn schon, den Karersee. Ich wandere ein Stück auf dem schmalen Pfad am Ufer entlang. Die smaragdgrüne Farbe muss man sich heute vorstellen, denn der See ist mit einer dicken Eis- und Schneeschicht bedeckt. Zum Glück habe ich bereits viele Fotos vom „Regenbogensee“, wie dieses Idyll auch genannt wird. Trotz des Schnees und der Kälte stehen einige Besucher auf der Aussichtsplattform über dem See, von wo die Farben des Wassers im Sommer am intensivsten leuchten. Für Fotos auf social media ist es offenbar nie zu kalt…
Nur die Nixe vom Karersee bekommt man heute leider nicht mehr zu Gesicht. Denn einst hatte sich ein Hexenmeister in die schöne Wasserfee verliebt, die häufig am Ufer anzutreffen war. Er versuchte sie zu entführen, indem er sie mit einem leuchtenden Regenbogen anlockte. Die Wasserfee war von den Farben des Regenbogens begeistert, durchschaute jedoch den Plan und verschwand für immer im Wasser. Aus Wut riss der Hexenmeister den Regenbogen vom Himmel und zertrümmerte diesen über dem Karersee. Die Regenbogenstücke fielen in den See und deshalb leuchtet dieses Kleinod heute in den schönsten Farben – wenn es nicht schneebedeckt ist.
Abstecher zum Häusler Sam
Den Templweg geht es nun wieder retour. In diese Richtung wandere ich auf die Gipfel des Latemar zu. Kurz bevor der Bewallerhof erreicht ist, zweigt ein Wanderpfad rechts bergab und mündet in den sogenannten Samweg. Diesen Forstweg, der mich über eine schöne mit Lärchen bewachsene Hochfläche auf den Samberg bringt, bin ich schon unzählige Male gegangen und auch meine Hündin Nea kennt den Weg. Wer hier Urlaub macht, kommt um einen Besuch im Almgasthaus Häusler Sam nicht herum. Der familienbetriebene Gasthof bietet nicht nur einen überaus freundlichen Service, sondern eine feine Speise- und Getränkekarte. Heute ist es so sonnig, dass ich es mir auf der Terrasse gemütlich mache, den Rosengarten und die Latemargipfel im Blick. Schwer fällt mir die Auswahl des Essens. Zuerst eine Karotten-Ingwer-Suppe oder gleich die Portion Strauben mit Puderzucker und Preiselbeeren? Ich bin zwar viel gewandert, aber beides werde ich nicht schaffen. Also wähle ich Strauben, denn diese Südtiroler Spezialität bekommt man nirgends so gut wie hier oben.
Glücklicherweise geht es nach der genussvollen Pause ein langes Stück leicht bergab. Dieses Mal wandere ich unterhalb des Bewallerhofes vorbei und erreiche kurz danach den Forstweg, der mich durch den Wald zurück zum Ausgangspunkt bringt.
Wandern im Eggental in Südtirol
Gute 15 Kilometer Wegstrecke und um die 300 Höhenmeter in den Eggentaler Dolomiten liegen nun hinter mir. Und viel Ruhe, faszinierende Aussichten, der mystische Karersee und eine leckere Spezialität beim Häusler Sam. Eine echte Genusswanderung eben. Und was will mir der Blick meines Berghundes am Ende der Wanderung sagen? „Wie, das war’s schon? Also von mir aus können wir noch ein bisschen weiter wandern…“ Doch da kommen schon die glücklichen Skifahrer um die Ecke und der Hund ist zufrieden. Mal sehen, wo wir morgen hinwandern. Es gibt noch viel zu entdecken im Latemargebiet. Und aufs Skifahren kann ich bei diesem Wanderangebot gut verzichten.
Demnächst bei uns im Programm:
Wir freuen uns sehr, dass wir Petra Knobling als Autorin für uns gewinnen konnten. Etwas Geduld müsst Ihr noch haben, aber im Sommer 2023 wird ihr Titel “Wandern mit Hund – Allgäu” unsere beliebte Wanderbuch-Reihe “Wandern mit Hund” bereichern.
Das Allgäu ist ein Wanderparadies – auch für Hundebesitzer! Doch welche der unzähligen Touren werden auch den unterschiedlichsten Bedürfnissen unserer Vierbeiner gerecht? 40 spannende und abwechslungsreiche Tourenvorschläge hat Petra Knobling für die Region Allgäu mit Tannheimer Tal und Kleinwalsertal zusammengetragen. Alle Routen sind von der gebürtigen Allgäuerin und ihrer Hündin Nea (Berger des Pyrénées) auf ihre Hundetauglichkeit getestet.
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