Ein Gastbeitrag von Rother Autorin Margit Hiller
Blumenwanderungen Bayerische Alpen – ach wie es duftet und sprießt! Und was für Naturschätze man dort entdecken kann: Alpenrose, Enzian, Edelweiß und dazu jede Menge einheimische Orchideen. Bunte Blumenwiesen in den Alpen zaubern ein Lächeln ins Gesicht und bescheren uns ganz besondere Wanderglücksmomente. In den Voralpen blüht es vom Frühling bis weit in den Spätherbst, und die Artenvielfalt ist immens. Unsere Autorin Margit Hiller zeigt uns, wo die Blumen in den Bergen am schönsten blühen.
Die Liebe zur Natur, den Tieren und Blumen habe ich von Kleinauf eingeimpft bekommen – und zwar vom Opa. Mit ihm »auf Tour« gehen zu dürfen, war für mich Münchner Stadtkind immer etwas ganz Besonderes. Viel hat der Opa unterwegs nicht zu meiner Bespaßung unternommen, mir aber die Blumen und Tiere am Wegesrand gezeigt und erklärt. Meist ist er stundenlang schweigend voraus gegangen; gelangweilt habe ich mich nie.
Wahre Überlebenskünstler in den Alpen
Die Angewohnheit, beim Gehen oder Radeln immer mit halbem Auge auf die Blumen neben dem Weg zu achten, habe ich beibehalten – eine prima Ablenkung, wenn es wieder mal bloß bergauf geht! Über die Jahre entstand so ein (Alpen-)Blumen-Archiv mit einigen Hundert Pflanzen, Tendenz wachsend. Dabei lernt man viel und je mehr man lernt, desto spannender und interessanter wird es. Vor allem fasziniert mich, mit welchen Tricks und Anpassungsleistungen zarte Blümchen im rauen Gebirge überleben und sich auch bei ungünstigen Bedingungen »durchwurschteln«.
Ein paar Beispiele:
- Da gibt es Pflanzen, die sich aufgrund der kurzen Gebirgssommer das langwierige Samen-Bilden und -Verbreiten ganz sparen und lieber gleich lebende Kinder zur Welt bringen (Knöllchenknöterich).
- Es hat im dichten Wald trotz attraktiver Blüte mit der Bestäubung durch Insekten nicht geklappt? Na, dann macht man halt danach noch eine zweite Blüte zur Selbstbestäubung (Waldsauerklee).
- Wie lockt man Insekten an? Tolle Farben und Formen oder betörenden Duft haben ja viele Pflanzen. Am besten, man tut so, als wäre man selbst ein Insekt und imitiert Aussehen und Duft von liebesbereiten Insekten-Weibchen (Ragwurz-Arten).
- So manches Pflänzchen im nährstoffarmen Hochgebirge oder Moor gönnt sich zwischendurch gern mal eine Fleischmahlzeit (Fettkraut- und Sonnentau-Arten), achtet dabei aber sehr genau darauf, nicht versehentlich ein zur Bestäubung willkommenes Insekt zu vertilgen.
- Durch dichten, niedrigen Polsterwuchs schaffen sich Pflanzen ein eigenes Mikroklima (quasi eine Heizung). Im Inneren des Polsters kann Feuchtigkeit gespeichert werden, absterbende Pflanzenteile werden gleich vor Ort zu Humus recycelt (z.B. Alpen-Mannsschild).
Spannend, gell? Auch ohne Profi-Wissen: Wie viel ärmer an Formen und Farben wäre doch die Welt ohne Blumen! Sie werden übrigens immer schöner, je genauer man sie anschaut. Und außerdem ist es schlichtweg unmöglich, inmitten blühender Wiesen schlechte Laune zu haben.
Blumenwanderungen: Hier blüht es am schönsten!
Sehr gefreut habe ich mich, als ich meine Hobbies – Wandern und Pflanzen – für mein Rother Wanderbuch »Blumenwanderungen Bayerische Alpen« kombinieren durfte. Zwei Sommer lang bin ich also durch die Bayrischen Alpen, das Alpen-Vorland und das angrenzende Tirol gesaust und habe Wege ausprobiert (und manchmal wieder verworfen), Tracks aufgezeichnet, Blumen entdeckt und fotografiert. So mancher Wanderer mag sich gewundert haben, wer diese Verrückte ist, die dauernd in ihr Smartphone brabbelt.
Hier kommen meine drei Lieblingstouren aus dem Buch: zwei leichte Bergtouren und eine bequeme Flachwanderung. Die ausführlichen und extakten Tourenbeschreibungen findet ihr im Buch!
Hönig, 2034m (Lechtaler Alpen) – Lieblingstour #1
Die Lechtaler Alpen unterscheiden sich schon rein optisch deutlich von den benachbarten Gebirgsgruppen: Statt schroffer Felswände, Kare und Geröllrinnen wie im Karwendel und Wetterstein ziehen sich hier sattgrüne, blumenreiche Steilgraswiesen bis zu einer Höhe von 2500m hinauf. Der gutmütige Hönig spielt unter all den botanisch so ergiebigen Lechtaler Gipfeln nochmal in einer eigenen Liga, besticht er doch nicht nur durch unglaublichen Artenreichtum, sondern auch durch eine Vielzahl recht seltener Alpenblumen. Er lässt sich in einer abwechslungsreichen Rundtour mit einer aussichtsreichen Kammwanderung im Mittelteil leicht besteigen.
Ausgangspunkt: Berwang, Großparkplatz und Bushaltestelle an der Sonnalmbahn
Anforderungen: Gut angelegte, nicht exponierte Bergwege; im Aufstieg ein paar rutschige Bachübergänge
Höhendifferenz: 800 Hm
Distanz: 11,4 km
Dauer: 5 Std.
Beste Jahreszeit: Juni-Juli
Einkehr: Kögelehütte
Variante: Zusätzliche Besteigung der Vorderen Suwaldspitze ab Sonnbergsattel
Mesnerbichl (Andechs) – Lieblingstour #2
Ganz in der Nähe des beliebten Ausflugziels Andechs (Klosterkirche, Gastronomie) haben sich durch eine Verkettung glücklicher Umstände inmitten landwirtschaftlicher Nutzflächen ein paar Biotope mit ausgesprochen seltenen Pflanzen – vor allem Orchideen – erhalten. Wie vorteilhaft für die Blumen, dass die eiszeitlichen Hügel (sog. Drumlins) mit ihren steilen Flanken und der Staunässe dazwischen für die Landwirtschaft von jeher uninteressant waren und sich meist selbst überlassen blieben! Heute ragen sie wie naturbelassene Inseln aus dem umgebenden Dünger-Meer und geben seltenen Pflanzen einen Lebensraum.
Ausgangspunkt: Andechs-Erling, Wanderparkplatz am Wildgehege
Anforderungen: Bequeme Feldwege, in den Orchideenwiesen schmale, oft nasse Trampelpfade
Höhendifferenz: 100 Hm
Distanz: 5,7 km
Dauer: 2 Std.
Beste Jahreszeit: Juni-Juli
keine Einkehrmöglichkeit
Hahnenkampl, 2080 m (Karwendel)
Das Tal des Rißbachs führt mitten hinein ins Herzen des Karwendels und endet in einem spektakulären Amphitheater aus Fels, gemeinhin Eng genannt. Mittendrin zwischen anspruchsvolleren Bergriesen sitzt das gutmütige Hahnenkampl und trennt als Querriegel das Rißtal vom Falzthurntal. Die Überschreitung des Hahnenkampls ist der reinste Panorama-Spaziergang mit unverbautem Rundum-Blick. Botanisch steht das Hahnenkampl ganz im Zeichen der Enziane. In diesem Fall sind diese aber nicht klein und blau, sondern groß und gelb bzw. dunkelrot und gesprenkelt. Immer wieder faszinierend, wie sich Gelber Enzian und Ungarischer Enzian exakt am Binssattel ablösen!
Übrigens: Das in allen Enzian-Arten enthaltene Amarogentin ist eine der bittersten in der Natur vorkommenden Substanzen und dient in der Chemie bisweilen sogar als Referenzgröße. Eigentlich sollen die Bitterstoffe die Enziane vor Fraßfeinden schützen, beim Fraßfeind Mensch versagt die Strategie allerdings – der hat nämlich die verdauungsfördernde Wirkung von Enzian-Schnaps entdeckt!
Ausgangspunkt: Straßenende im Rißtal beim Alpengasthof »Die Eng« (Parkplatz und Bushaltestelle)
Anforderungen: Meist gut angelegte Bergwege und Almstraßen; Aufstieg zum Binssattel steil und oft rutschig; im Gipfelbereich kurze, felsige Passagen (teilweise mit Seilsicherung)
Höhendifferenz: 850 Hm
Distanz: 12 km
Dauer: 5.30 Std.
Beste Jahreszeit: Juli-August
Einkehr: Binsalm, jeweils mit Umweg: Lamsenjochhütte, Gramaisalm-Hochleger, Eng-Almen
Unser Buchtipp
Von den Lechtaler Alpen bis ins Chiemgau und natürlich auch ins bayerische Alpenvorland: Unser Rother Wanderbuch »Blumenwanderungen Bayerische Alpen« stellt abwechslungsreiche Touren für jeden Geschmack vor – gemütliche Spaziergänge, ausgedehnte Wanderungen und anspruchsvolle Bergtouren. Infos zur besten Blütezeit und welche Blume sich wo entdecken lässt gibt es bei jeder Tour. Während bei manchen Wanderungen besonders seltene oder faszinierende Blumen im Fokus stehen, begeistern andere durch ihre ungewöhnlich große Blumenvielfalt.
Die 30 Blumenwanderungen verfügen über zuverlässige Wegbeschreibungen, Wanderkärtchen mit Routenverlauf und aussagekräftige Höhenprofile. Die zum Download bereitgestellten GPS-Daten helfen bei der Orientierung. Fast alle Touren sind mit Bus und Bahn erreichbar. Die zahlreichen Bilder von Blumen und Alpenwiesen machen sofort Lust, die blühende bayerische Bergwelt zu entdecken.
Weitere Artikel von Margit Hiller auf unserem Wanderglück-Blog:
»Rund um Cortina d’Ampezzo – drei Lieblingstouren«
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