Die Orchideen-Wiesen bei Andechs:
Botanische Schätze am Mesnerbichl

Ein Gastbeitrag von Autorin Margit Hiller.

Zwischen Ammersee und Starnberger See gibt es echte botanische Schätze zu entdecken: Im Juni blüht das Mesnerbichl bei Andechs mit einer unglaublichen Vielfalt an wilden Orchideen und (Schwert-)Lilien auf. Auch die seltene Sumpf-Gladiole, von der es nur noch wenige Bestände in Deutschland gibt, hat hier noch eine Heimat.

Andechs in voller Blütenpracht (AdobeStock)
Andechs in voller Blütenpracht (AdobeStock)

Orchideen vor den Toren München

Der »Heilige Berg« von Andechs – übrigens der älteste Wallfahrtsort Bayerns – ist mit seinem Benediktinerkloster, der Brauerei und den beiden Gaststätten nebst Biergarten ein äußerst beliebter Ausflugsort für Einheimische und Touristen. Weniger bekannt ist, dass sich ganz in der Nähe durch eine Verkettung glücklicher Umstände inmitten intensiv genutzter Agrarflächen ein paar Mini-Biotope mit ausgesprochen seltenen Pflanzen – vor allem Orchideen – erhalten haben.


Alpenblumen inmitten bayerischer Bilderbuchkulisse

Auch »alpine Gäste«, also Alpenblumen, deren Samen mit Schmelzwasser und Bächen ins Flachland entführt wurden, haben hier eine Heimat gefunden. Wie günstig für die seltenen Blumen, dass die eiszeitlichen Hügel (sog. Drumlins) mit ihren steilen Flanken und der Staunässe dazwischen für die Landwirtschaft von jeher uninteressant waren und sich meist selbst überlassen blieben! Heute ragen sie wie naturbelassene Inseln aus dem umgebenden Dünger-Meer. Bereits 1941 unter Naturschutz gestellt, wird das Mesnerbichl seit vielen Jahren vom BUND Naturschutz betreut und gepflegt; eine schonende Mahd im Herbst verhindert Verbuschung und bewahrt den Lebensraum der seltenen Pflanzen.


Wanderung zu den Orchideen

Was gibt es Schöneres, als an einem langen milden Sommerabend, durch die Orchideen-Wiesen bei Andechs zu streifen? Gerade im Juni zeigt sich die ganze Pracht und man kann die größte Blumenvielfalt bestaunen. Los geht’s: Kommt mit auf eine meiner Lieblingstouren »Das Mesnerbichl bei Andechs«:

Ausgangspunkt:
Andechs-Erling, Parkplatz am Wildgehege. Von den S-Bahn-Stationen Herrsching oder Starnberg-Nord mit Bus 951 bis Erling/Alte Schmiede, dann in knapp 15 Minuten Fußmarsch durch den Kerschlacher Weg zum Ausgangspunkt. Navi: N47° 57.613′ E11° 11.184′
Beste Jahreszeit:
Ende Mai bis Anfang Juli (größte Blumenvielfalt in der zweiten Juni-Hälfte)
Hinweis:
Bitte auf der gesamten Tour unbedingt auf den Wegen bleiben – Naturschutzgebiet

Viel Grün und Bienensummen am Mesnerbichl. Foto: Margit Hiller
Viel Grün und Bienensummen am Mesnerbichl. Foto: Margit Hiller

Wir starten am Parkplatz in südlicher Richtung, gehen am Wildgehege vorbei und halten uns an der nächsten Gabelung geradeaus. Wir bleiben für eine Weile auf dem Teerweg, der uns in leichter Steigung durch den Wald in zunehmend freies Gelände führt. Auf diesem Teilstück begleiten uns zwei besonders schattenverträgliche Orchideen: Vogel-Nestwurz und Weißes Waldvögelein. Die schönen Blüten der hochgiftigen Tollkirsche können wir am Waldrand aus sicherem Abstand bewundern.

Sumpfgladiolen, Waldhyazinthen, Mücken-Händelwurze und Sumpf-Ständelwurze

Kurz vor einer beschilderte Forstweg-Gabelung darf man den Abzweig zur ersten Orchideenwiese nicht verpassen: Noch vor einem kleinen Froschtümpel führt ein unscheinbarer Trampelpfad rechts in einen kurzen Schilfgürtel. Nach wenigen Metern öffnen sich links und rechts des Wegs herrliche Blumenwiesen. Weißes Wollgras mischt sich mit zahllosen Sumpfgladiolen, die durch Trockenlegung zunehmend ihres Lebensraums beraubt wurden und nur noch an sehr wenigen Standorten gedeihen! Wir folgen dem nun besser sichtbaren Trampelpfad den Hügel hinauf und finden weitere Orchideen: filigrane Weiße Waldhyazinthen, rosafarbene Mücken-Händelwurze, das unauffällig-grünliche Große Zweiblatt und prächtige, mehrfarbige Sumpf-Ständelwurze.  

Jetzt kehrt Ruhe ein: Abendstimmung am Mesnerbichl. Foto: Margit Hiller
Jetzt kehrt Ruhe ein: Abendstimmung am Mesnerbichl. Foto: Margit Hiller

Knabenkraut-Orchideen, Bienen-Ragwurz, Berghähnlein und Gelber Enzian

Zurück am Hauptweg und an der nachfolgenden, beschilderten Gabelung links kommen wir durch hügelige Wiesen zu einer Bank mit Naturschutzgebietstafel, wo sich direkt gegenüber die zweite Orchideenwiese öffnet. Das intensive Pink stammt hier von unzählige Knabenkraut-Orchideen. Wer den kleinen spektakulär geformten Bienen-Ragwurz entdeckt, der mit seiner Blüte Insekten imitiert und so die Bestäuber anlockt, hat den Hauptpreis gewonnen! Weiter geht es direkt hinter der Bank, wo uns ein Weglein entlang des Bachs zum eigentlichen Hügel des Mesnerbichls führt. Dort erwartet uns zur Abwechslung eine Blumenwiese in gelb-weiß. Zwischen dicken Horsten des Raublättrigen Alant mit sonnengelben Blüten haben sich einige Alpenbewohner angesiedelt, die sich auch auf den mageren, ungedüngten Böden des Mesnerbichls wohlfühlen: die altbewährte Heilpflanze Arnika mit ihren oft zerzausten orangegelben Köpfchen, das zarte Berghähnlein in Weiß-Rosa und ein paar bauchhohe Exemplare des Gelben Enzians. Wir spazieren auf unterschiedlichen Höhen über den Hügel, denn auf den trockenen Kuppen wachsen andere Blumen als in den sumpfigen Senken.

Seltene Sumpf-Schwertlilien zum krönenden Abschluss

Auf der gegenüberliegenden Seite des Hügels treffen wir auf einen breiten Feldweg und biegen links ab. Er führt uns durch einen Schilfgürtel (Sumpf-Schwertlilien!) und mündet schließlich in den Radweg Erling-Machtlfing. Links wandern wir mit schönen Blicken zum Andechser Klosterhügel zurück zum Ausgangspunkt.

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»Blumenwanderungen Bayerische Alpen«.


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Autor

Unsere Autoren schreiben nicht nur Bücher, sondern auch spannende Beiträge für den Rother Wanderglück-Blog. Vielen Dank an die besten Autoren, die es gibt! Vielen Dank, dass ihr so fleißig seid und uns hier auf unserem Wanderglück-Blog tatkräftig unterstützt!

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