Ein Gastbeitrag von Hundetrainerin Sarah Effer

Über Stock und Stein auf vier Pfoten und zwei Beinen unterwegs über zwei Ländergrenzen und mehrere Alpengipfel. Hundetrainerin Sarah Effer erfüllte sich mit der Alpenüberquerung vom südbayerischen Tegernsee nach Sterzing in Südtirol einen lang gehegten Traum. Zusammen mit ihrem Hund Peanut lief sie in 8 Tagen über die Alpen, übernachtete auf Campingplätzen, in Berghütten und Gasthöfen und erzählt uns in ihrem Tourenbuch von dieser unvergesslichen Zeit. Außerdem gibt sie wertvolle Profi-Tipps zu Ausrüstung und Verhalten auf Bergtouren mit Hund.

Ein leichtes Kribbeln zieht sich beim Anblick der Wanderschilder durch meinen Magen. Es ist ein herrlich sonniger Samstagmorgen. Etwas nervös suche ich nach dem „Ü“, das als Wegweiser für unsere Alpenüberquerung dienen soll. Gefunden! Tief atme ich ein, erblicke im Süden die zu erreichenden Berggipfel und laufe mit meinem Hund Peanut los. Den schweren, mit allerlei Ausrüstung beladenen Rucksack auf dem Rücken, folgen wir dem Hinweisschild in Richtung Tegernseer Höhenweg. Während der Rucksack leicht in meine Schlüsselbeine zwickt, realisiere ich langsam, dass unser Abenteuer nun beginnt. Aber von Anfang an…


Die Wahl der Route

Mit der Überquerung der Alpen sollte ein Traum wahr werden – zu Fuß über die Alpen mit meinem treuen Begleiter Peanut. So begann ich bereits frühzeitig mit der Recherche, welche Route es werden sollte – denn sowohl das eigene Können als auch die Anforderungen an den eigenen Hund sind im Vorfeld sorgfältig abzuwägen:

  • Welche Etappenlängen können wir laufen?
  • Wie sind die Gegebenheiten der Etappen?
  • Welche Ausrüstung brauche ich?
  • Wo übernachten wir?
  • Wie versorge ich Peanut neun Tage lang mit Futter im Gebirge?

Ich entschied mich für die Route vom Tegernsee nach Sterzing. Sie ist als leichte, technisch einfache und landschaftlich abwechslungsreiche Alpenüberquerung beschrieben. Mit Etappenlängen von ca. 5 Stunden und überschaubar zu überwindenden Höhenmetern ist diese Route gut als erste gemeinsame Alpentour mit Hund geeignet.

Rother-Wanderführer "Alpenüberquerung Tegernsee - Sterzing"

Alle Infos zur Alpenüberquerung gibt’s im Rother Wanderführer “Alpenüberquerung Tegernsee – Sterzing”

9 Etappen
120 Kilometer
3.031 Höhenmeter im Aufstieg
3.555 Höhenmeter im Abstieg


Vorbereitungen, Ausrüstung und Übernachtungsmöglichkeiten

Die Frage nach den Übernachtungsmöglichkeiten war schnell geklärt. Mit Zelt, Schlafsack und Isomatte im Gepäck hielt ich mir die Möglichkeit frei, auf Campingplätzen oder, je nach Erlaubnis, in den Bergen zu übernachten, sofern ich mit Peanut auf den Hütten keine Schlafmöglichkeit finde.

Das Übernachten mit Hund ist in den Hütten, wenn überhaupt, nur in den kleineren Zimmern nicht im Schlafsaal möglich. Daher ist eine vorherige Anfrage unbedingt erforderlich. Häufig werden Reinigungspauschalen für den Hund in Höhe von 5 bis 10 € erhoben.

Ich entschied, Peanuts Futter entlang der Strecke vorzuschicken. Da ich keine fest geplanten Unterkünfte hatte, nahm ich Kontakt zu verschiedenen Geschäften auf der Route auf. Etwas verwundert über die ungewöhnliche Anfrage, freuten sie sich doch, mich bei meinem Vorhaben zu unterstützen – so verschickte ich insgesamt vier Pakete mit Futter.

Ausrüstung für den Hund:

• Schuhe mit Gummisohle
• Spezielles Wander- bzw. Klettergeschirr
• Maulkorb
• Erste Hilfe für den Hund (Verbandsmaterial, Schmerzmittel, Wundsalbe, Kohletabletten)

Welche Signale mein Hund beherrschen sollte

In den Bergen kann es schnell durch schmale Pfade oder steilere Felspassagen zu Situationen kommen, in denen der Hund gut führbar sein sollte. Neben Klassikern wie Leinenführung, Sitz und Rückruf ist außerdem die Signalgebung auf Entfernung sehr hilfreich, sofern der Hund auch mal ohne Leine läuft.

Auf dieser Route gibt es hin und wieder kurze Abschnitte, an denen es sinnvoll ist, den Hund vorzuschicken und auf Entfernung zu stoppen. Hierfür ist das Signal “Sitz” auf Entfernung eine gute Möglichkeit. Ist man alleine unterwegs, kann es durchaus sinnvoll sein, das Anbinden und Weggehen zu trainieren, um dem Hund das Warten vor Hütten, Duschräumen oder am Tisch für den Toilettengang zu erleichtern.


Unsere Alpenüberquerung in einzelnen Etappen

Morgenstimmung am Achensee. Foto: Sarah Effer
Morgenstimmung am Achensee. Foto: Sarah Effer

#1: Gmund am Tegernsee – Kreuth

Unser Weg führt durch dichten, kühlen Tannenwald. Kleine Lichtungen ermöglichen uns immer wieder den Blick auf den schönen Tegernsee, dessen Südufer heute wegen hoher Temperaturen unser Ziel sein soll. Witterungsbedingt ist man in den Bergen oft gezwungen schlechtes Wetter auf einer Hütte auszusitzen, Etappen zu umlaufen oder wie heute in unserem Fall, Etappen auf Grund zu hoher Temperaturen zu teilen.


#2: Von Kreuth zur Blaubergalm

Nach einer unruhigen Nacht im Zelt – zugegeben ist das Schlafen auf einer Isomatte nicht mehr das, was es mit 20 mal war – laufen P und ich weiter nach Kreuth, von wo der Aufstieg zur Blaubergalm beginnt. Anfangs führt der Weg flach an der klaren Weissach vorbei, bis es dann bald über Holzstufen und Baumwurzeln steil hinauf geht und wir schnell einige Höhenmeter überwinden. Der schweißtreibende Anstieg lohnt sich – der Ausblick ist traumhaft.

Auf den wunderschönen Pfaden hinauf zur Blaubergalm begegnen wir, wie auf unserer weiteren Tour, immer wieder Kuhherden. Kühe sind nicht zu unterschätzen, vor allem nicht, wenn man mit Hund unterwegs ist. Hunde sind für Kühe natürliche Feinde. Speziell Mutterkühe können mit Angriff reagieren, um ihre Kälber zu schützen. Was man deshalb beachten sollte,

Verhaltensempfehlung bei Begegnung mit Weidevieh:

• Den Hund abgewendet von der Herde an der kurzen Leine führen
• Die Herde möglichst umgehen
• Ruhig verhalten
• Drohgebärden von Kühen äußern sich durch Heben und Senken des Kopfes, Schnauben, Scharren und Brüllen aus. Bei diesen Alarmsignalen, sollte man die Weide langsam rückwärts verlassen.
• Falls die Kühe den angeleinten Hund angreifen, sollte der Hund losgelassen werden, damit er fliehen kann. Ein Hund ist meist schnell genug, um einem Kuhangriff auszuweichen.

Bäche fließen kaum auf dieser Etappe – genügend Wasser einpacken. Peanut und ich dürfen auf der urigen Alm übernachten und genießen den Anblick der untergehenden Sonne, die die umliegenden Berggipfel in den unterschiedlichsten Farben erscheinen lässt. Glücklich über einen tollen ersten Aufstieg fallen wir ins Bett.


#3: Blaubergalm – Achenkirch Nord

Gestärkt mit einem ausgiebigen Frühstück starten Peanut und ich die nächste Etappe. Über einen Forstweg geht es durch den Wald nach Achenwald. Ab Achenwald fährt 2x tgl. um 9.30 Uhr und 15.45 Uhr ein Bus nach Achenkirch. Alternativ kann man, wie wir, kurz vor Achenwald links in einen Forstweg einbiegen – dieser ist auf den verschiedenen Wanderapps zu erkennen.

Übernachtungsmöglichkeit: Campingplatz Alpen Caravan Park am Achensee


#4: Von Achenkirch Nord über den Mariensteig nach Fügen

Um 06:00 Uhr früh kriechen Peanut und ich aus unserem Zelt am Achensee, auf dem noch ein Dunstschleier, den die aufgehende Sonne jedoch bald vertreiben wird, liegt. Diese Etappe führt uns über den Mariensteig entlang des Achensees – ein traumhafter, aber vor allem bei Nässe nicht zu unterschätzender Pfad, da es stellenweise steil hinab in den türkisblauen Achensee geht. Hier ist Trittsicherheit erforderlich.

Auf dem Pfad plätschern, zumindest derzeit, immer wieder kleine Bäche hinunter, sodass genug Wasser für Peanut vorhanden ist. Die letzten Kilometer erstrecken sich an der Promenade des Achensees bis nach Maurach. Von Maurach aus fahren wir mit Bus und Bahn weiter nach Fügen.
Achtung! In Österreich gilt in öffentlichen Verkehrsmitteln und Gondeln Maulkorbpflicht.

Völlig erschöpft von der Hitze lassen wir uns auf einem Campingplatz nahe Fügen in einem schattigen Plätzchen nieder und tanken Energie für die morgige Etappe nach Hochfügen.

Übernachtungsmöglichkeit: Campingplatz Hell in Gagering


#5: Fügen – Hochfügen

Die Spieljochbahn bringt uns hinauf auf 1.848 m. Die erste Bergfahrt startet erst um 9 Uhr, somit beginnen wir den Tag heute ausgeschlafen etwas später. Der Trail nach Hochfügen, der keinerlei schwierige Passagen aufweist, verläuft die meiste Zeit mit traumhafter Aussicht an einem Bergkamm entlang. Auf diesem Etappenstück gibt es keine Trinkmöglichkeiten für den Hund. Erst auf den letzten Kilometern laufen wir durch einen mit Blaubeerfeldern reich bestücktes Waldgebiet durch das etliche Bäche verlaufen. Übernachtungsplätze mit Hund findet man ca. 1 Gehstunde vor Hochfügen am Loassattel.


#6: Hochfügen – Melchboden

Von Hochfügen starten P und ich noch vor Sonnenaufgang Richtung Rastkogelhütte. Dies ist mit 650 hm der längste Anstieg dieser Etappe. Auf diesem Stück gibt es genügend Trinkmöglichkeiten für den Vierbeiner. Kaum haben wir den Kamm überquert erblicken wir im Sonnenschein in der Ferne die ersten schneebedeckten Berggipfel- ein guter Moment um innezuhalten- atemberaubend. Die letzten Kräfte treiben uns hinauf zum Gipfel des Rauenkopfs auf 2268m. Wir genießen einen herrlichen Ausblick auf die Bergwelt der Zillertaler Alpen und auf unser Etappenziel die Jausenstation Melchboden. Nun ist es wieder Zeit einen Teil der Strecke mit Bus und Bahn zurückzulegen. Über Hippach und Mayrhofen fahren wir zum Schlegeisspeicher. Herzlich werden Peanut und ich in der Domenikushütte empfangen. Hier sind je nach Kapazität Hunde erlaubt und herzlich willkommen- unbedingt vorher anfragen.

Tipp: Häufig sind Hüttenplätze lange im Voraus ausgebucht, werden aber kurzfristig storniert sodass es sich oft lohnt taggleich auf entsprechenden Hütten nachzuhören, ob ein Platz freigeworden ist.


#7 & 8: Schlegeisspeicher – Pfitsch

Vom wunderschönen Schlegeisspeicher starten wir unsere vorletzte Etappe über das Pfitscherjochaus (hier sind leider keine Hunde erlaubt) Richtung Italien. Entlang des kristallklaren Schlegeisbaches laufen wir auf einem mit Natursteinplatten angelegten Wanderweg mit mäßiger Steigung, bevor ein felsiger Pfad steil hinauf zur Italienischen Grenze führt.

Der Blick ins Pfitschertal, was gleichsam das Ende unsere Wanderung ist, ist umwerfend. Voller Freude und etwas Wehmut steigen Peanut und ich den steinigen Pfad ins Pfitschertal ab. Unsere Nacht verbringen wir im Gasthof Neuwirt, St. Jakob in Pfitsch.


#9: Pfitsch – Sterzing

Ein entspannter Wanderweg führt uns auf unserer letzten Etappe entlang des Pfitscher Baches durch das Tal. Noch einmal durchqueren wir ein Waldstück vorbei an einer Klamm und dann, ich kann es kaum glauben, erblicke ich in der Ferne unser Ziel Sterzing. Beflügelt und voller Energie das letzte Etappenziel vor Augen laufen wir die letzten Kilometer bis ans Ziel.

 Überglücklich über das tolle Abenteuer, das ich mit P erleben durfte, stehe ich nun in Sterzing am Bahnhof. Realisieren, dass unsere Tour nun vorbei ist, kann ich aber noch nicht.

Für die Rückreise zum Ausgangspunkt gibt es 2 Optionen mit den öffentlichen Verkehrsmitteln:


Zug: Sterzing – Brenner, Fahrzeit ca. 20 Minuten (fährt stdl.)
Umstieg Brenner in den Zug nach Jenbach, Fahrzeit ca. 1 Std. 13 Min. (alle 2 Std.)
Bus: Jenbach – Maurach Mittelschule, Fahrzeit 22 Min (fährt stdl.)
Umstieg Maurach Mittelschule in den Bus zum Tegernsee, Fahrzeit 1 Std. 13 Min. (fährt 2x tgl.)

Alternativ gibt es auch Taxiunternehmen, die für ca. 300 € zum Tegernsee fahren.

Rückblick auf unsere Alpenüberquerung

Einen Tag nach Abschluss unserer Alpenüberquerung blicke ich voller Freude zurück auf die letzten Tage. Perfektes Wetter, tolle Bekanntschaften, wunderschöne, abwechslungsreiche Berglandschaften und vor allem ein unvergessliches Abenteuer mit meinen treuen Berghund Peanut. Ein Abenteuer, das wir nie vergessen werden, ein Abenteuer, welches uns mit jedem Schritt, mit jedem Schweißtropfen noch näher zusammengebracht hat. Ein Abenteuer, das Lust auf mehr macht, oder?

Das Team - Sarah Effer und Hund Peanut. © Sarah Effer

Habt Ihr Fragen zum Training, zur Ausrüstung oder zur Route, dann meldet Euch gerne per Email bei mir: info@saraheffer-coaching.de

Für weitere Einblicke gibt es ein Video unserer gemeinsamen Tour auf meinem Youtubekanal und in meinem Instagram-Profil: SarahEffer_Coaching


Auch Rother-Autorin Romy Robst ist mit ihrem Hund auf Hüttentouren quer durch die Alpen unterwegs. Lest hier ihre Tipps für unvergessliche Touren auf vier Pfoten:

Autor

Katrin ist im Rother Bergverlag als Assistentin im Bereich Marketing tätig und lebt im südbayrischen Isarwinkel. Am liebsten ist sie vor der Haustür im wilden Karwendel auf sportlichen und abwechslungsreichen Touren unterwegs. Als ausgebildete Trainerin führt sie Bergwanderungen für den Deutschen Alpenverein und arbeitet als selbstständige Fotografin. Deshalb ist die Kamera ihr treuester Tourenbegleiter.

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