Blogbeitrag von Stephan Baur und Susanne Arnold, Autoren des Rother Wanderführers »Annapurna Treks«
»Nepal ist ein Trekkingparadies« – das sagen unsere beiden Autoren Stephan Baur und Susanne Arnold – und zwar gerade auch jetzt, ein Jahr nach dem verheerenden Erdbeben.
2009 haben beide für mehrere Wochen als Lehrer in einer nepalesischen Schule gearbeitet – eine Zeit, die sie sehr geprägt hat. Warum sie von dem kleinen Land so begeistert sind und weshalb eine Reise dorthin absolut empfehlenswert ist, könnt Ihr hier lesen:
Wer an eine Trekkingtour denkt, mag sofort an Nepal denken! Schon aus diesem Grund kann Nepal als das Trekkingland schlechthin bezeichnet werden. Nach dem Erdbeben im Frühling 2015 gingen unzählige tragische Fotos und Videos von Nepal um die Welt. Zum Glück sind aber viele Regionen des Landes von diesem schrecklichen Ereignis verschont geblieben. Einer Reise in das faszinierende Land der hohen Berge steht derzeit nichts entgegen! Acht der Vierzehn 8000er befinden sich in Nepal oder stehen direkt an der Grenze des Landes. Nepal ist das schmale Land zwischen den beiden Giganten Indien und China, von denen es maßgeblich beeinflusst wird. Es ist das Land mit namhaften Pässen mit Höhen weit über 5000 Metern. Gipfel mit weniger als 6000 m Höhe tragen keinen Namen, sondern werden einfach nur als „danda“ (Hügel) bezeichnet. Diese grandiose Hochgebirgslandschaft ist übersät von unzähligen Wanderwegen. Und so ist es kein Wunder, dass es viele Wanderer in diese atemberaubende Region zieht.
Blick über die Ortschaft Braga hinweg auf das Annapurna-Massiv
Abwechslung pur im Annapurna-Gebiet
Neben dem Everest- und Langtang-Gebiet ist das Annapurna-Gebiet die bekannteste und am besten erschlossene Wanderregion in Nepal. Im Zentrum dieses Gebietes steht das Annapurna-Massiv, dessen höchster Gipfel mit 8091 Metern die Annapurna I ist. Auch ringsum sind atemberaubenden Spitzen anderer Schneegiganten zu sehen: z.B. Annapurna II (7937 m), Dhaulagiri (8167 m), Machapuchare (6997 m) etc.
Allerdings starten die meisten Trekkingtouren im Annapurna-Gebiet auf Höhen unter 1000 m. Die klassische Annapurna-Umrundung beginnt in der Ortschaft Besisahar auf etwa 800 m. Zwischen Bananenstauden und Reisterrassen gewinnen wir während der ersten Tage der Tour langsam aber stetig an Höhe. Dabei durchwandern wir auf dieser gewaltigen Runde eine Vielzahl von Landschafts- und Vegetationszonen. Dieses breite geografische Spektrum und der enge Kontakt zur einheimischen Bevölkerung machen eine Reise im Annapurna-Gebiet zu einem ganz speziellen Erlebnis. Die bunte Mischung aus Tiefland und Hochgebirge sind einzigartig!
Kleines Land mit großer Faszination
Obwohl Nepal rein geografisch gesehen ein sehr kleines Land ist, hat es viele unterschiedliche Facetten und ruft verschiedenartige Assoziationen hervor. Es ist ein Land der Kontraste mit sehr verschiedenen Kulturräumen und Menschen. Es ist das Land, in dem die zwei Weltreligionen Buddhismus und Hinduismus friedlich nebeneinander existieren. Es ist das Land, auf das sich viele unserer westlichen Sehnsüchte richten: ruhige kleine Bergdörfer, freundliche und lachende Menschen, die ein einfaches, religiöses und oft hartes Leben führen. Wir denken an Gletscher und grandiose Eisriesen. Nepal besteht aber nicht nur aus Hochgebirge. Gerade ein Drittel des Landes ist alpines Gelände. Im subtropischen Süden an der Grenze zu Indien dominieren Reisfelder und Dschungel. Und das Land bietet noch viel mehr. Da ist die Hauptstadt Kathmandu mit Smog, Überbevölkerung, täglichem Verkehrschaos, großer Armut und für uns einer großen Portion Exotik. Und es ist ein Land der raschen Veränderungen. Da sind die vielen neu geplanten und bereits angelegten Jeep-Pisten, die in ganz Nepal, auch im Annapurna-Gebiet, immer weiter in die entlegensten Täler führen. Diese und viele andere Maßnahmen haben einen nachhaltigen Einfluss auf die Landschaft und die Bevölkerung. Aber dieses Kaleidoskop aus vom Reisenden erträumten, aber zum Teil auch abschreckenden Aspekten ist nur in seiner Gesamtheit das reale, moderne und faszinierende Nepal.
Hirten leben in den Sommermonaten in sehr einfachen Behausungen bei ihren Yak-Herden
2015 – ein tragisches Jahr
Wie wir alle in den Medien mitverfolgen konnten, geschah im April 2015 ein schreckliches Erdbeben, welches folgenschwere Konsequenzen für die Bevölkerung hatte. Etwa 9000 Menschen verloren dabei ihr Leben. Zahlreiche Häuser und historische Bauten, wie Tempel – auch in der Hauptstadt Kathmandu – wurden schwer beschädigt und zum Teil völlig zerstört. Von den bekannten Trekkingtouren sind besonders die Wege im Langtang- und im Manaslu-Gebiet betroffen. Viele Straßen sind immer noch schwer oder noch nicht passierbar. Das Annapurna-Gebiet blieb von größeren Schäden und Erdrutschen verschont. Eine Reise ins Gebiet rund um die Annapurna kann derzeit ohne Bedenken und ohne Einschränkungen durchgeführt werden! Auch in Kathmandu wurde mit dem Wiederaufbau begonnen und ein Aufenthalt dort ist problemlos möglich und sehr lohnend! Gerade dieses gebeutelte Nepal und seine Bevölkerung sind auf die wichtigen Einnahmequellen durch den Tourismus angewiesen.
Hinzu kam, dass das Land gerade in den schweren Monaten nach dem Erdbeben von Seiten Indiens einer Handelsblockade ausgesetzt war. Das ohnehin schon geschwächte Land wurde durch Grenzblockaden stark getroffen. Es kam bei Gütern, wie Diesel, Benzin, Kochgas und Medikamenten zu starken Engpässen. Zum Glück hat sich diese Situation wieder beruhigt und Reisende werden davon nichts mehr spüren.
Als Lehrer im Manangtal
2009 waren wir für gut sechs Monate in Nepal unterwegs. Während dieser Zeit durften wir neben unseren zahlreichen Wanderungen für mehrere Wochen an einer kleinen Schule im Manangtal im Schatten der Annapurna mithelfen. Die Zeit dort zusammen mit den Schülern, Lehrern und Mitarbeitern an der Lophelling-Schule hat uns sehr begeistert und geprägt. Es besteht immer noch ein sehr enger Kontakt zur Schulfamilie und als aktive Mitglieder der Nepal-Initiative-Schongau fördern wir das Schulprojekt auf unterschiedlichen Ebenen. Bei Interesse könnt auch Ihr dieses nachhaltige Schulprojekt durch eine kleine Spende unterstützen. Nähere Informationen gibt es auf folgender Homepage:
Die Kinder an der Lophelling-Schule lernen drei Sprachen: Tibetisch, Nepali und Englisch
Nepal verändert die Herzen
Während des halben Jahres in Nepal sind uns das Land und die Bevölkerung sehr ans Herz gewachsen. Seitdem sind wir immer wieder in das Annapurna-Gebiet zurückgekehrt. Wir haben die unterschiedlichen Gesichter des Landes kennen und schätzen gelernt. Dadurch dass wir enge Kontakte zu den Einheimischen aufbauen konnten, lernten wir ihre Lebensweise, Einstellungen und Kultur kennen. Einige moderne Entwicklungen im Land haben uns zunächst etwas traurig gestimmt. Uns ist aber dabei bewusst geworden, dass wir die Zeit nicht anhalten können. Auch in Europa sind die Alpen erschlossen und kleine Dörfer an die Zivilisation angegliedert worden. Wäre es nicht unnatürlich, als fremder Beobachter durch eine Art historisches Freilichtmuseum spazieren zu wollen – obwohl es eine Welt in dieser nostalgischen Form gar nicht mehr gibt? Auch nach weiteren Reisen sind wir uns ganz sicher, dass das Trekking-Paradies rund um die Annapurna durch seine Veränderung keineswegs an Reiz verloren hat. Dieses reale Nepal strahlt, trotz – oder gerade wegen – seiner Ecken und Kanten, eine unglaubliche Faszination aus. Uns werden die vielen magischen, wunderschönen, rührenden, aber auch erschreckenden Momente während all der Tage in Nepal immer im Gedächtnis und Herzen bleiben. Es ist spannend diese Entwicklungen im Land Nepal mitzuerleben und Pläne für die nächsten Nepal-Reisen spucken schon im Kopf. Viel können wir von diesem Land und der Bevölkerung dort lernen. Und auf jedem Rückflug ist der Rucksack voll mit neuen und sehr wertvollen Erfahrungen. Denn, um es frei nach Edmund Hillary zu sagen: Wir werden Nepal nicht verändern, aber Nepal hat uns verändert! Und vielleicht bald ja auch Euch
Atemberaubender Blick von der Ortschaft Braga im Manangtal auf das Annapurna-Massiv
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