Diesen Sommer ging es mal wieder mit Bus und Bahn nach Südtirol in den autofreien Wanderurlaub. So kommt gleich am ersten Tag ein richtiges Reisegefühl auf: Von München ging es bis auf die Dorigoni-Hütte im Val di Rabbi mit Bus, Bahn und den eigenen Füßen – in einen entspannten Wanderurlaub!
München – Bozen. Mit dem Bus nach Italien
Um 4:15 Uhr verlasse ich die Wohnung und mache mich mit dem Nachtbus auf den Weg zum Münchner Busbahnhof (ZOB). Während ich in Wanderoutfit und mit Rucksack erwartungsvoll dem Tag entgegenblicke, geht für die Nachtschwärmer um mich herum gerade der Tag erst zu Ende – welch Kontrast. Kurz vor 5:00 fährt der Flixbus aus Berlin ein. Ich checke bei zwei italienischen Busfahrern ein – das erste Urlaubsgefühl 😉 – und steige zu den schlafenden Passagieren in den zum Glück recht leeren Bus. So erweist sich die Fahrt als angenehm ruhig und komfortabel und auch ich schlummere sogleich ein.
Mit dem ersten Tageslicht wache ich auf und beobachte wie auch der Tag langsam erwacht. Die vorbeiziehende Landschaft im Morgenlicht und das sich verändernde Blau des Himmels stecken mich mit ihrer Energie an. Ich erkenne die heimischen Berge mit Estergebirge, Ettaler Mandl und der imposanten Zugspitze. Weiter geht es durch Garmisch, über Mittenwald und Seefeld nach Innsbruck. Hier gibt den ersten Bus-Stop und: “Kaffeepause!” (bei dem italienischen Busfahrer oberste Priorität).
Nachdem alle Kaffee oder frische Luft getankt haben, werden wir weiter im Bus über den Brenner nach Südtirol chauffiert. Tolle Blicke öffnen sich auf die Stubaier Gletscherberge – eindeutig der Vorteil vom Busfahren, dass man so weit oben sitzt! Im Auto hätte man die Leitplanke auf Augenhöhe.
Dank geschmeidiger Busfahrt ohne Stau sind wir gut in der Zeit und so gibt es nochmal eine Kaffeepause kurz vor Bozen. Italienischer Espresso an der Raststätten-Bar – und wieder verstärkt sich ein Stück mehr dieses Gefühl, sich von Zuhause fort zu bewegen.
Bozen – Meran – Ultental. Mit Bahn und Bus durch Südtirol
Fast pünktlich erreichen wir den Busbahnhof Bozen Süd. Die morgendliche Kühle ist bereits italienischer Wärme gewichen. Mit genügend Zeit zum Umsteigen erwische ich planmäßig die mir vorab rausgesuchte Bahn-Verbindung nach Meran Untermais. Zwar verzichte ich so auf einen Bummel durch Meran, aber das hat Zeit bis zur Rückreise . Ich will ja heute noch bis zur Dorigoni-Hütte.
Am hübschen kleinen Bahnhof Untermais suche ich die passende Bushaltestelle. Da es etwas eilt, frage ich schnell den ersten Busfahrer, der mir begegnet. Freundlich weist er mir den Weg. Ebenso freundlich überlegt der Busfahrer meiner Linie hin und her, welches wohl das für mich günstigste Ticket ist. Ich fühle mich als Gast hier willkommen.
Es sind genau diese Begegnungen mit den Menschen unterwegs und vor Ort, die das besondere Reisegefühl ausmachen. Nach den italienischen Busfahrern und Bozner Baristas merkt man hier, dass man wieder in eine andere Gegend gekommen ist, mit deutschsprachigen Südtirolern. Man schnappt Gespräche der Mitfahrenden auf, beobachtet …
Noch vor Mittag erreiche ich St. Gertraud im Ultental, den letzten Ort: nur ein paar wenige Häuser, wunderschön aus altem dunklen Holz mit prachtvollem Geranienschmuck. Während ich im Schatten auf den Anschlussbus zum Weißbrunnsee warte und in meine belegte Semmel beiße, sehe ich wie der Busfahrer von eben gerade im Losfahren ebenso in sein Brot beißt. Wir heben zum Gruß beide unser Brot und lachen uns zu. Ein netter Moment.
Weißbrunnsee – Gleckspitze. Gipfelglück
Da Bus und Bahn pünktlich waren, rutsche ich zum Glück nicht in das Mittagsloch, in dem keine Busse fahren. So habe ich genügend Zeit für die Wanderung zur Dorigoni-Hütte.
Zunächst geht es, umgeben von anderen Touristen, auf Weg Nr. 140 einen wunderschönen Pfad am Bach entlang durch Wurzelwerk, Lärchen und moosbewachsene Felsen. Eine erste Anhöhe ist für Viele Umkehrpunkt, da man über einen Rundweg wieder zum Ausgangpunkt kommen kann. Ich wandere weiter auf Weg Nr. 103 /107 eine Geländestufe hinauf, raus aus der Baumzone in eine lange Hochebene. Zwar ist die Landschaft karg, aber das Licht und die vielen Seen geben ihr einen besonderen Charakter. Fast wähne ich mich in Norwegen!
Da ich schwer abschätzen kann, wie lange ich tatsächlich brauche, und auf jeden Fall einen zeitlichen Puffer haben möchte, spute ich mich und mache erst am Schwarzsee (Lago Nero, 2544 m) Rast. Hier sitzen bereits drei ältere Südtiroler und flachsen miteinander. Schon bald beziehen sie mich ein, fragen wohin es geht – und wieder stellt sich dieses wohlige Gefühl des Willkommenseins in der Fremde ein.
Sie machen mir Mut, dass ich sicher in nur 30 Min. auf dem Schwärzer Joch (2822 m) und nur weiteren 15 Min. auf der Gleckspitze (2957 m) sein werde. In der Tat brauchte ich ein wenig Motivation für diesen letzten Anstieg in einem doch etwas mühsamen Gelände. So erreiche ich tatsächlich zügig die Scharte und – nachdem ich Gepäck deponiert habe – ebenso zügig den Gipfel (insgesamt 2:45 h ab Weißbrunnsee).
Es eröffnet sich eine tolle Sicht nach Süden, ins Val di Rabbi und zu der Seenlandschaft rund um Lago Corvo und Kirchbergsee. Hinter dem nächsten Kamm spitzen die Gletscherberge der nahen Ortlergruppe hervor. Und ich überblicke bereits den gesamten Weiterweg zur Hütte – gar nicht so nah wie erhofft 😉.
Schwärzer Scharte – Rifugio Dorigoni. Nach Italien
Während ich am Gipfel sitze wird mir nochmal bewusst, wie weit weg von Zuhause ich mich bereits fühle. Kaum vorstellbar, dass ich heute morgen noch in meinem Bett in München lag! Trotzdem kam der Abstand nicht plötzlich, sondern durch das Reisen mit Bus und Bahn und das Wandern schrittweise. Und mit dem Abstieg ins Val di Rabbi (Alta Val Saent) begebe ich mich wieder einen Schritt weiter: Hier bin ich wieder im Italienisch-sprachigen Südtirol gelandet.
Da Nebelwolken aufziehen und ein kalter Wind weht, beeile ich mich, zur Hütte zu kommen. Erst geht es steil abwärts, dann eine Art Höhenweg entlang. Schneller als ich dachte erreiche ich zufrieden das Rifugio Dorigoni auf 2436 m.
Angekommen! Überwältigt von diesem langen Tag voller so unterschiedlicher Eindrücke betrete ich die warme Stube und werde gleich freundlich begrüßt. Ein Getränkewunsch? Oh ja! Seit einer Stunde schon träume ich von einem Bier 😉. Mein Wunsch wird erfüllt. Und auch sonst werde ich hier gut versorgt. Müde und glücklich erfüllt falle ich in dem gemütlichen Zimmerlager früh ins Bett.
Tipps …
… zum Reisen mit Bus und Bahn nach und in Südtirol
- Busse und Züge fahren sehr regelmäßig und pünktlich. Und die Fahrpreise sind sehr moderat. Alle aktuellen Verbindungen und Preise für Einzeltickets für den Nahverkehr in Südtirol auf suedtirolmobil.info.
- Lohnt sich oft: Die Mobilcard Südtirol. Gibt es für 1, 3 oder 7 Tage. Erhältlich u.a. am Ticketschaltern im Bahnhof Bozen.
- Bei vielen Unterkünften, Pensionen etc. bekommt man bereits ab einer Übernachtung die VinschgauCard, mit der man kostenlos alle Busse und Nachverkehrszüge im Vinschgau nutzen kann. Infos hier.
- Hinweis zum Bahnhof Bozen Süd: Hier gibt es keinen Ticketautomaten oder Schalter – man kann beim Schaffner im Zug ohne Aufpreis lösen.
… zum Weiterwandern in Südtirol
- Vom Rifugio Dorigoni bin ich übers Sallentjoch ins Martelltal hinübergewandert. Dort kann man auf der Marteller Hütte, der Zufallhütte oder in Hintermartell im günstigen und schön ruhigen Gasthof übernachten.
- Auch sonst bieten sich zahlreiche Weiter-Wandermöglichkeiten im Nationalpark Stilfser Joch an. Dank der guten Verbindungen von Bus und Bahn in Südtirol geht es auch jederzeit unkompliziert wieder zurück oder zu neuen Ausgangpunkten.
- Viele schöne Touren in dieser Gegend, Tagestouren und auch Möglichkeiten, diese zu mehrtägigen Hüttenwanderungen mit Bus und Bahn zu kombinieren, findet ihr in den Rother Wanderbüchern »Südtirol West« und »Wochenendtouren Südtirol«.
… zum Wandern mit Bus und Bahn
- Unter dem Hashtag #bergsportisnomotorsport gibt es auf Facebook u.a. zahlreiche Tourenberichte und Inspirationen für Wanderungen mit den Öffis.
- Von München und Umgebung aus: DAV Bergbus und weitere Tipps auf alpenverein-muenchen-oberland.de.
- Für Österreich: bahn-zum-berg.at
- Was wir bei Rother für mehr Naturverträglichkeit tun, lest ihr in diesem Blogartikel: Rother wird grüner.
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